Seit 2017 wird der Stelvio gebaut. Die aktuelle Version begrüßt uns mit dreigeteilten Scheinwerfern. LED-Matrix-Licht gehört jetzt genauso zur Serienausstattung wie Allradantrieb. Der Kühlergrill wurde dem kleineren Tonale angepasst, die Heckleuchten haben jetzt eine transparente Abdeckung. GURUCAR-Shirt in den Koffer, Einsteigen, anlassen, ab nach Italien.
„Urlaub… Urlaub in Italien!“ Das Lied des schrägen Disco-Alleinunterhalters Carsten Meyer alias „EROBIQUE“ passt perfekt zur Mutter aller Ferientrips in den Süden, der Italienreise mit Familie. Per Auto über den Brenner. Abermillionen Urlaubshungrige durften das Abenteuer schon erleben: Vollgepackte Karre, quengelnde Kids, warme Fanta, Stau an der Mautstelle, Cappuccino bei Auto Grill. So stressig diese Fahrten auch waren, sie blieben für immer liebenswert in Erinnerung. Umso toller, mal wieder selbst mit dem Auto nach bella Italia zu fahren – wenn auch diesmal zu zweit. Auf dem Rücksitz statt der Kiddies jetzt nur unsere Designer-Lederjacken, die müssen niemals Pipi. Der eigentliche Superhit: Wir fahren in einem Alfa Romeo! Genauer gesagt im Stelvio 2,2 Diesel Q4 „Competizione“. Mit großen Leichtmetallfelgen, rot lackierten Bremssätteln, Ledersitzen mit Ziernähten und Soundsystem. „Azzurro…“ – als ob Adriano Celentano schon damals die Testwagenfarbe „Misano Metallic“ besungen hätte. Strahlendes Azurblau per favore. Wir wollen in die Toskana, nach San Vincenzo. Ans Meer.
Genügsam und schön
Vollgetankt geht es in München los. Soviel schon mal vorweg: Die 58 Liter im Tank werden fast bis an die Küste reichen. Bis Florenz benötigen wir dank eines Verbrauchs von gerade mal 6 Litern auf 100 Kilometer nicht einen einzigen Tankstopp! Elektroantrieb hin oder her: Mit so wenig Treibstoff so weit zu kommen, auch das ist ein Stück Nachhaltigkeit. Wirkungsgrad und Umweltbilanz eines modernen Euro-6-Diesels müssen den Vergleich mit einem Hybrid- oder E-Auto nicht scheuen. Mal ganz abgesehen von den bei einem Vollelektriker nötigen Tankstopps, die mehrere Stunden zusätzlicher Reisezeit bedeuten. Der 2.2 Liter Vierzylinder Diesel im Alfa läuft höchst kultiviert, 210 PS und 470 Newtonmeter leisten ordentlich Vorschub. In 6,6 Sekunden geht es mit Allradantrieb und Achtgang-Automatik auf Tempo 100. Die Höchstgeschwindigkeit ist mit 215 km/h eher moderat, wir haben sie während der gesamten Strecke aber weder erreicht noch vermisst. Sportlich fühlt sich dann wirklich das Fahrwerk an, das Handling ist schön direkt und macht auf der Apenninen-Autobahn Spaß. Seit dem Ausbau 2016 ist es da zwar nicht mehr so wild und kurvig. Trotzdem sind die Querfugen derart prominent, dass ein alter, schwarzer Mercedes Vito Transporter vor uns känguruartig ins Hüpfen gerät, ja fast abzuheben droht. Seine Dämpfer sind augenscheinlich völlig im Eimer. Makaberes Detail: Es ist einen Leichenwagen! Schon möglich, dass durch die Erschütterungen die verblichene Schwiegermutter wieder aufgewacht ist. Dann, kaum hundert Kilometer weiter, das nächste Wunder: Ein junges Paar war mit einem alten Ur-Mini Cooper auf der Schnellstraße Firenze-Pisa-Livorno, der „Fi-Pi-Li“, unterwegs. Sie verläuft rund 20 Kilometer nördlich parallel zur A 11 Florenz-Pisa und ist zwar eng und holprig, doch durchgehend mautfrei. Kurz vor Livorno hatte sich bei dem Oldtimer wohl bei voller Fahrt das linke Vorderrad gelöst, war dem Auto vorausgeeilt und am Mittelstreifen liegengeblieben. Erstaunlich: Der Kleinwagen kam auch auf drei Rädern nicht von der Spur ab. Riesenglück für die vor Schock käsebleich dastehenden Mini-Insassen.
Eigener Charakter
Die gut siebenstündige Fahrt ist Dank der tollen Sitze ein Klacks. Das Cockpit wurde moderner, in den Rundinstrumenten sitzen nun digitale Anzeigen mit wechselnden Elementen. Der kleine 8,8-Zoll Monitor scheint allerdings aus der Zeit gefallen, schon vor zwanzig Jahren sah man größere. Wenn wir gerade beim Meckern sind: Das Pairing des Smartphones gleicht einer abenteuerlichen Schatzsuche. Erst nach zehn Minuten Rumprobieren habe ich in einem verwinkelten Untermenü die Kopplungsfunktion entdeckt. Siehst du dann noch über den Wendekreis eines Gelenkbusses milde hinweg, kannst du über den Stelvio nur glücklich sein. Den brachialen 510-PS Benziner „Quadrifoglio“ braucht es gar nicht. Der Diesel vermittelt herrlich italienisches Flair. Sodann dieseln wir mondän direkt vors Fisch-Ristorante „Serendipity Riva al Mare“. Er lächelt blau in die Kamera, als wäre er gerade dem Meer entsprungen.
Ciao Bello, schön war die Zeit
Als das erste in Italien gebaute SUV wurde der Stelvio zum Verkaufsschlager der Marke. Der Fratello hat es geschafft, viele Menschen zu stolzen „Alfisti“ zu machen. Lange wird es das Auto so aber leider nicht mehr geben. Ab 2027 will Alfa Romeo nur noch Elektroautos bauen. Das neue Modell „Brennero“ soll schon 2024 vollelektrisch fahren. Mal sehen, ob das dann wirklich alles so kommt. Denn Verbrenner sind aktuell ja wieder beliebter als die Elektros…
Datencheck Alfa Romeo Stelvio 2,2 Diesel Q4 „Competizione“
Motor: Vierzylinder Diesel 16 V
Hubraum: 2.143 ccm
Leistung: 210 PS
Drehmoment: 470 Nm
Beschleunigung: 0 – 100 km/h in 6,6 Sek.
Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h
Preis: ab 57.650 Euro
Fotos: Oliver Luxenburger / Alfa Romeo