Sind Elektroautos auch gut für längere Strecken? Welche Faktoren sind wichtig? Und worauf muss man achten, wenn man sich für ein Langstrecken-Modell entscheidet?

Die Ladetechnologie ist für die Langstreckenfähigkeit entscheidendLangstreckentauglich sind E-Autos, wenn sie in 30 Minuten Energie für 200 Kilometer ladenBesonders wichtig: Die Ladestrategie des Batteriemanagements

Zeit ist ein kostbares Gut. Besonders im Beruf, zunehmend aber auch im Privatleben. Kein Wunder also, dass wir auch unterwegs mit dem Auto stets darauf bedacht sind, möglichst zügig ans Ziel zu kommen. Ganz gleich, ob zum Geschäftstermin, auf dem Weg ins Kino oder an den Urlaubsort.

Zumindest auf der Langstrecke stoßen die meisten Elektroautos in diesem Punkt noch an ihre Grenzen. Die Notwendigkeit, etwa auf dem Weg von Hamburg nach München mehrmals nachladen zu müssen, macht das Reisen zur Geduldsprobe.

Doch inzwischen haben aktuelle oder bereits angekündigte Modelle größere Akkus und damit auch größere Reichweiten. Auch die Schnellladetechnologie der Fahrzeuge wird immer besser. Schade nur, dass die Fahrzeughersteller oft nur vage Angaben dazu machen und zum Teil einen Aufpreis für die CCS-Schnellladebuchse verlangen. Die sollte heute zur Serienausstattung gehören.

HPC High Power Charger mit gekühlten Ladekabeln 

Neben den Modellen von Tesla, die an den eigens installierten Superchargern seit Jahren schon hohe Ladeleistungen von mehr als 100 kW bereitgestellt bekommen, bieten jetzt endlich auch andere Autohersteller Fahrzeuge zum Verkauf, die hohe Ladeleistungen verkraften. So ermöglichen High Power Charger (HPC) dank gekühlter Ladekabel eine Energiezufuhr von 150 bis hin zu 350 kW.

Autos, die so viel Ladeleistung verdauen können, sind der Audi e-tron, Porsche Taycan und Tesla Model 3, angekündigt sind der VW ID.3, der Ford Mach-E und der Polestar 2, die 2020 auf den Markt kommen.

Des Weiteren gibt es immer mehr Modelle, die immerhin mit mehr als 70 bis zu 110 kW laden können, zum Beispiel der Mercedes-Benz EQC und die Koreaner Hyundai Kona Elektro (64-kWh-Batterie) sowie der Kia e-Niro und der e-Soul mit der 64-kWh-Batterie. Mit dem Opel Corsa-e, Peugeot e-208 und dem Citroën DS E-Tense steht das Trio des französischen PSA-Konzerns mit angekündigter 100 kW Ladeleistung in den Startlöchern.

Also alles gut? Leider nicht, denn trotz allen technischen Fortschritts hat das Schnellladen noch Tücken. So beobachten Fahrer immer wieder, dass ihr E-Auto mal schneller, mal weniger schnell lädt – und das sogar an ein und derselben Schnellladesäule.

Die Autohersteller erklären das Phänomen mit der Regelungsstrategie des Batteriemanagement-Systems, das über die tatsächliche Ladeleistung entscheidet. Denn das Batteriemanagement hat dafür Sorge zu tragen, dass der Akku beim Laden nicht zu sehr belastet wird. Würde er über Gebühr belastet, könnte das seine Lebensdauer negativ beeinflussen – und das wollen die Hersteller natürlich unbedingt verhindern.

Wie der Mensch kennt auch eine Batterie eine Art Wohlfühltemperatur und leidet unter Stressfaktoren. Um die ideale Ladeleistung und somit kurze Ladezeiten zu erreichen, muss die Temperatur der Antriebsbatterie beim Ladevorgang stets im Wohlfühlbereich sein. Ist der Akku beispielsweise im Winter ausgekühlt, wird sich die Ladedauer beim Schnellladen deutlich verlängern, da er erst auf Temperatur gebracht werden muss.

Die Autohersteller geben die Ladezeiten bei der Schnellladung üblicherweise für bis zu 80 Prozent der Batteriekapazität an. Das ist sinnvoll, weil die Ladeleistung zur Schonung der Antriebsbatterie umso mehr reduziert wird, je voller die Batterie ist. 

Audi e-tron 55 qattro 150 kW max. Ladeleistung laut Hersteller

Da es für Elektroautofahrer und Kaufinteressenten wichtig ist, das Schnellladeverhalten eines Elektroautos zu kennen und zu verstehen, hat der ADAC die Ladekurven einiger Fahrzeuge stichprobenartig gemessen und zeigt diese transparent auf. Im Fokus ist dabei der für Schnellladungen relevante Bereich zwischen 10 und 80 Prozent Batterieladung.

Ergebnis: Die Ladestrategien zur Schonung des Akkus fallen bei Modellen verschiedener Hersteller sehr unterschiedlich aus. So lädt der Audi e-tron im relevanten Bereich erstaunlich konstant mit höchster Leistung von knapp 150 kW, was eine durchschnittliche Ladeleistung von 145 kW ergibt. Im Unterschied dazu regelt der Mercedes EQC seine Ladeleistung von nominell 110 kW schon bei knapp 40 Prozent Batteriestand kontinuierlich herunter.

Im Leistungsbereich um 50 kW zeigt der Nissan Leaf ebenfalls eine konstant hohe Ladekurve, der Renault Zoë hingegen fängt bereits bei knapp halbem Batteriestand an, die Leistung stetig zu reduzieren. Andere Fahrzeuge wie beispielsweise der Opel Ampera-e reduzieren die Ladeleistung nicht kontinuierlich, sondern stufenweise.

Doch eine hohe Ladeleistung alleine reicht nicht – der Verbrauch des Fahrzeugs ist ebenfalls wichtig. Praxisrelevant für den Autofahrer ist im Endeffekt der Vergleich von nachgeladener Reichweite pro Zeit. So lädt der Audi e-tron innerhalb der ersten zehn Minuten 113 Kilometer Reichweite nach, der Nissan Leaf dagegen nur 40 Kilometer. Lädt man eine halbe Stunde auf, schafft der e-tron mit der geladenen Energie 305 Kilometer, der Nissan Leaf 124 Kilometer. Das sind gewaltige Unterschiede.

200 Kilometer in 30 Minuten erwünscht

IONITY ist Marktführer

Um Elektroautos hinsichtlich ihrer Schnellladefähigkeit vergleichbar zu machen, ermittelt der ADAC in allen zukünftigen E-Autotests sowohl die Ladekurven als auch die nachgeladenen Reichweiten in den ersten 30 Minuten. Außerdem wird eine Definition der Langstreckentauglichkeit eingeführt: Ein Elektroauto kann dann als langstreckentauglich angesehen werden, wenn es eine nach ADAC Ecotest ermittelte Reichweite von mindestens 300 Kilometern und eine nachladbare Reichweite von mindestens 200 Kilometern in 30 Minuten bietet.

Fazit

Von den Fahrzeugen, die zum Erhebungszeitpunkt für die ADAC Messungen zur Verfügung standen, erfüllen der Mercedes EQC sowie der Audi e-tron die Kriterien für die Langstreckentauglichkeit. Aufgrund der bekannten Daten de Tesla-Modelle sowie des Porsche Taycan sollten diese E-Modelle bei den Messungen sogar noch besser abschneiden.

Grundsätzlich zeichnet sich ab, dass bei einer entsprechenden Verbrauchseffizienz des jeweiligen Autos Ladeleistungen ab etwa 100 kW ausreichen können, um die definierte Langstreckentauglichkeit zu erreichen.

Die anderen bisher untersuchten Autos genügen dem Anspruch der Langstreckentauglichkeit nicht. Der Opel Ampera-e, der Renault Zoë und der Nissan Leaf fühlen sich eher im regionalen Einsatzszenario wohl. Für die Langstrecke sollten sie nur selten und mit entsprechendem Zeitpuffer verwendet werden. Ob Autos mit Ladeleistungen von weniger als 100 kW langstreckentauglich sein können, müssen die kommenden ADAC Tests zeigen.

Tipps für E-Auto-Fahrer

Je besser die Schnellladefunktion, umso flexibler kann ein Elektroauto im Alltag sowie für längere Strecken genutzt werden

Vor dem Kauf überlegen, wie häufig ein Fahrzeug für Strecken über die Fahrzeugreichweite hinaus eingesetzt werden soll. Je häufiger, desto wichtiger ist die Qualität der Schnellladefunktion

Immer die Schnellladefunktion mitbestellen, falls diese nicht zum Serienumfang gehört

Den Akku unterwegs stets nur bis 80 Prozent aufladen, darüber hinaus dauert das Laden unverhältnismäßig lang

Ein E-Auto sollte für längere Strecken mindestens 300 Kilometer Reichweite gemäß ADAC Ecotest und ca. 200 Kilometer nachgeladene Reichweite in 30 Minuten haben

Zur Schonung der Antriebsbatterie nur dann schnell laden, wenn wirklich erforderlich

Bei kalten Temperaturen die Batterie vortemperieren bzw. längere Ladezeiten einkalkulieren

Ionity hat ein neues Preismodell angekündigt. Ab Ende Januar 2020haben die seit zwei Jahren geltenden Pauschalpreise von acht Euro pro Ladevorgang ausgedient, künftig wird nach Verbrauch abgerechnet. Mit 0,79 Euro pro Kilowattstunde ist der Preis aber einer der höchsten auf dem Markt.

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Die Preisumstellung soll laut dem Unternehmen am 31. Januar in ganz Europa stattfinden. „Wir denken, dass das ein markt-adäquater und einfach verständlicher Preis ist“, sagt Ionity-CEO Michael Hajesch im Gespräch mit electrive.net. „Er spiegelt unser Leistungsangebot für den Endkunden wider, deshalb haben wir uns für diesen Schritt entschieden.“

Der neue Preis von 0,79 Euro pro kWh gilt in den Euro-Ländern, im Vereinigten Königreich wird er in Pfund, in den skandinavischen Ländern in die jeweiligen Kronen umgerechnet. Einen gestaffelten Preis nach Ladeleistung oder verschiedene Blockiergebühren nach dem Ende des Ladevorgangs soll es laut Hajesch nicht geben – deshalb die Bezeichnung „transparent“.

Transparent, aber hoch. Mit diesem Preis kostet ein Ladevorgang über 60 kWh, wie er beispielsweise mit den Long-Range-Varianten des Tesla Model 3, einem Audi e-tron quattro, Porsche Taycan oder künftig auch einem VW ID.3 Pro S mit 77-kWh-Batterie möglich ist, über 47 Euro. Je nach Verbrauch des Fahrzeugs reicht diese Strommenge für rund 200 bis 350 Kilometer.

Neben Ionity bieten in Deutschland derzeit nur wenige andere Anbieter Ladeleistungen von über 300 kW. EnBW baut aktuell an einigen Autobahn-Raststätten Hypercharger von Alpitronic auf, die je nach Konfiguration zwei CCS-Ladepunkte bieten – mit jeweils 300 kW. Der baden-württembergische Energieversorger verlangt 49 Cent je Kilowattstunde, im Viellader-Tarif (4,99 Euro monatliche Grundgebühr) noch 0,39 Cent. Die 60-kWh-Ladung kostet dann noch zwischen 23,40 und 29,40 Euro.

Zudem baut noch Allego ein Netz von Ladestationen mit über 300 kW Ladeleistung. Seit vergangenen Sommer rechnet das niederländische Unternehmen beim DC-Laden mit 50 bis 350 kW 59 Cent pro kWh ab – also 35,40 Euro für unsere Vergleichsladung. Vereinzelt gibt es noch weitere Ladestationen mit 350 kW, etwa bei einigen Porsche-Zentren, Audi-Händlern oder an der Aral-Tankstelle in Merklingen – jedoch kein vergleichbares Netz entlang der Autobahnen. Dort gibt es noch Anbieter wie Fastned oder Innogy, die aktuell Ladeleistungen zwischen 150 und 175 kW bieten, was im Alltag für Modelle wie den Audi e-tron quattro oder das Tesla Model 3 noch voll ausreicht. Innogy verlangt für einen Ladevorgang noch pauschal 7,95 Euro, bei Fastned sind es 0,59 Euro pro kWh, als „Gold-Member“ noch 0,35 Euro (aber mit 11,99 Euro Monatsgebühr). In den Niederlanden und Belgien betreibt Fastned allerdings schon Stationen mit bis zu 350 kW.

Auch bei Audi soll das Laden an den Ionity-Säulen deutlich günstiger werden. Auf der Website zum e-tron Charging Service schreibt Audi, dass der „Vorzugspreis“ ab voraussichtlich Anfang 2020 bei 0,33 Euro/kWh liegen soll. Nach Informationen von electrive.net soll der endgültige Tarif bei 0,31 Euro/kWh liegen – jedoch nur im „Transit“-Tarif, der sich an Vielfahrer richtet. Der reduzierte Preis soll wohl Anfang Februar starten und „stabil“ bleiben, also kein Audi-eigenes Einführungs-Angebot sein. Ein Angebot gibt es aktuell dennoch: Käufer eines Audi e-tron müssen für den „Transit“ ein Jahr lang keine Grundgebühr zahlen, danach liegt diese bei 17,95 Euro pro Monat. Für Kurzstreckenfahrer bietet der e-tron Charging Service noch den „City“-Tarif für 4,95 Euro pro Monat – hier gibt es allerdings keine Vorzugspreise bei Ionity.

Porsche gibt inzwischen an, dass Taycan-Fahrer ab Februar für 0,33 Euro pro Kilowattstunde an den Ionity-Säulen laden können. Der Dienst ist für die Kunden des ersten E-Porsche drei Jahre inklusive.

Der VW-Ladedienst Charge&Fuel und der BMW-Dienst Charge Now haben noch keine Vorteilspreise für das Ionity-Netz angekündigt.

Update 24.01.2020: Inzwischen hat Audi die Informationen von electrive.net zum e-tron Charging Service bestätigt. Vielfahrer im Transit-tarif (17,95 Euro pro Monat) erhalten an Ionity-Säulen einen Vorzugspreis von 0,31 Euro pro kWh. Die Kunden im City-Tarif (4,95 Euro pro Monat) müssen bei Ionity weiterhin den vollen Preis von 0,79 Euro pro kWh zahlen.

Update 10.02.2020: Inzwischen haben auch einige Mobility Service Provider auf die neuen Ionity-Preise reagiert. Anbieter wie GET CHARGE, Vattenfall InCharge, Plugsurfing und Shell Recharge haben ihre Preise angepasst. Anbieter wie EnBW hatten ihre bisherigen Konditionen weiter laufen lassen – inzwischen hat der baden-württembergische Energieversorger seine Entscheidung hierfür auch öffentlich begründet.

Autor: Oliver Luxenburger